Ich bin zurück aus Sachsen und werde jetzt nach und nach die Bilder der vier Projekte online stellen. Anfangen möchte ich heute mit dem typografischen Garten in Delitzsch.
Typografische Gärten bestehen aus – wie der Name schon nahelegt – typografischen Elementen. Diese gruppieren sich in einer Komposition, die auf dem ersten Blick, wenig mit Text zu tun haben scheint. Auch auf dem zweiten und dritten Blick hat der Besucher nicht das Gefühl, dass ich hier einen Text zur Grundlage der Gestaltung genommen haben könnte.
Zuerst einmal sind es nicht die Linien von Buchstaben, die mich bei der Gestaltung dieser Landschaftskunstwerke inspirieren, sondern hingegen Buchstabenzwischenräume, Buchstabeninnenräume.
Das interessiert mich schon lange: Im Studium habe ich mich viel mit Schrift beschäftigt. Als Zeichner fasziniert mich die Dynamik, die bei der Schriftgestaltung zwischen den 26 Buchstaben entsteht. Alle Kombinationen beachtet ein Schriftgestalter, damit die Buchstaben zusammen ein ausgeglichenes Schriftbild ergeben. Genauso wichtig, wie der Duktus der Schriftlinie ist dabei der weiße Raum zwischen den Linien.
Heutzutage habe ich das Gefühl, dass Menschen mehr auf Buchstaben schauen, als jemals zuvor. Die Schönheit und die Einfachheit von Schrift ist ein unbemerkter Teil von Lebensqualität, von Kommunikation. Für mich ist das mehr als eine Selbstverständlichkeit, denn es gibt einen Inhalt der hinter dem geschriebenen Wort oft unbeachtet bleibt. Die kontextreiche Geschichte und Qualität der Schrift selbst.
Ich weiss, das meine typografischen Gärten bei aller Ästhetik beinahe unlesbar sind. Ich finde es auch schön, dass für die meisten Menschen erstmal ihnen ein Geheimnis innewohnt. So wie der Natur viele Geheimnisse innewohnen. Es gibt kein Erklärungsschild an diesen Kunstwerken. Sie sind einfach da.
Und doch gibt es eine Quelle für die Gartenkompositionen. Und jeder der mich fragt, wird auch von mir über die Hintergründe aufgeklärt. In Delitzsch ist es ein Teil eines Zitates von Christian Gottfried Ehrenberg, einem der prominentesten Söhne der Stadt, vor 225 Jahren geboren, ein berühmter Naturforscher, ein Vorläufer Humbolds und Begründer der Mikropaläontologie.
Wenn man ganz genau hinsieht, erkennt man Stück für Stück die Buchstaben, und findet in der Komposition den Satz: „Und aus dem Kleinen bauen sich die Welten“. Ehrenberg ist einer der Menschen, die die Idee angestoßen haben, dass die Welt im kleinen Detail eine Ähnlichkeit, ja einen Zusammenhang zu den Gestirnen haben muss.
Ich denke, dass lässt sich auch auf unsere menschliche Zivilisation beziehen: Jeder Einzelne tut seines dazu, dass die Gesellschaft in all ihren guten Facetten gedeihen kann.
(C) Werk und Fotos: Ralf Witthaus
Die fünf typografischen Gärten sind Teil von „180 Ideen für Sachsen“, ein Projekt der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden. Gefördert werden die „180 Ideen für Sachsen“ von der Kulturstiftung des Bundes. Ebenfalls möchte ich mich für die Unterstützung bei allen ehrenamtlichen Helfern, der Stadt Delitzsch und bei STIHL bedanken.